Beweislastumkehr auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler

Eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs von Fehler und Schaden kommt auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler in Betracht.

Erforderlich ist, dass die gebotene Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen deutlichen und gravierenden Befund ergeben hätte und dessen Verkennung als fundamental anzusehen ist bzw. sich die Nichtreaktion auf einen solchen Befund als grob fehlerhaft darstellen würde und dieser Fehler generell geeignet ist den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.

Eine Umkehr der Beweislast ist nur ausgeschlossen, wenn jeglicher haftungsbegründender Ursachenzusammenhang sehr unwahrscheinlich ist. Jedoch ist nicht erforderlich, dass der grobe Behandlungsfehler einzig in Betracht kommende Ursache des Schadens ist.
Ein einfacher Befunderhebungsfehler kann genauso wie ein grober Behandlungsfehler zu erheblichen Aufklärungsschwierigkeiten hinsichtlich des Kausalzusammenhangs führen, so dass es unbillig erscheint, dem Patienten die Beweislast zuzumuten, weil das Spektrum der möglicherweise schädigenden Ursachen besonders verbreitet oder verschoben ist.

Für die Umkehr der Beweislast bei einem einfachen Befunderhebungsfehler ist es jedoch nicht erforderlich, dass die Verkennung des Befunds oder die Unterlassung der erforderlichen Therapie völlig unverständlich ist.
Es unterliegt ebenfalls auch nicht der Beweislast des Geschädigten, dass eine frühzeitige Therapie das Schadensbild positiv beeinflusst hätte.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH VI ZR 87 10 vom 07.06.2011
Normen: BGB § 823 I; ZPO § 286
[bns]