Erstoperateur haftet für die Folgen eines Zweiteingriffs

Unterläuft einem Arzt bei einem operativen Eingriff ein Behandlungsfehler, der einen Zweiteingriff erforderlich macht, bei dem wiederrum neue Komplikationen entstehen, so muss der Arzt des Ersteingriffs auch für die Folgen des Zweiteingriffes einstehen.


In dem entschiedenen Fall entfernte ein Arzt bei einer Operation zur Entfernung von Veränderungen im Darmbereich, nicht alle veränderten Stellen und Darmteile. Die unvollständige Entfernung der erkrankten Darmteile machte einen zweiten Eingriff erforderlich, bei dem es erneut zu schweren Komplikationen kam. Bei den Komplikationen handelte es sich um die Verwirklichung operationsimmanenter Risiken.

Das Gericht entschied, dass der Erstoperateur für die Folgen des Zweiteingriffs haften muss, auch wenn sich lediglich ohnehin bestehende operationsimmanente Risiken verwirklicht haben, die durch den Ersteingriff nicht wesentlich erhöht wurden.
Die Haftung des Arztes begründet sich demnach mit dem Hervorrufen einer zweiten Operation. Hätte demnach der erste Arzt bei der Erstoperation nicht behandlungsfehlerhaft operiert, so wäre die Zweitoperation nicht erforderlich geworden, wobei es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu den aufgetretenen Beeinträchtigungen gekommen wäre. Dass es sich bei den Folgen des Zweiteingriffs lediglich um operationsimmanente Risiken handelt, die immer bestehen und auch bei der ersten Operation hätten auftreten können, unterbricht den bestehenden Kausalzusammenhang nicht. Bei einem solchen Einwand handelt es sich lediglich um einen hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigen Alternativverhalten des Erstoperateurs, den der Erstoperateur beweisen muss.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH VI ZR 157 11 vom 22.05.2012
Normen: BGB §§ 823 I, 249
[bns]