Arzt darf sich nicht hinsichtlich einer Diagnose auf Angaben des Patienten verlassen

Ein Arzt darf bei der Erstellung einer Diagnose einen scheibar ähnlichen und viele Monate zurückliegenden Befund, aus dem der Patient irrige Schlüsse zieht, nicht zur Grundlage seiner Diagnose machen, insbesondere wenn keine Brückensymptome vorliegen.

Dabei begeht ein Arzt einen schweren Befunderhebungsfehler, wenn er einen länger zurückliegenden Befund zur Grundlage seiner Diagnose macht und dabei eine Erkrankung auf internistischem Gebiet ausschließt.

In dem entschiedenen Fall wurde ein Patient mit Lähmungserscheinungen der linken Körperseite in ein Krankenhaus eingeliefert. Der Patient äußerte gegenüber dem behandelnden Arzt, dass er seine Beschwerden auf die Einklemmung eines Nervs im Bereich der Halswirbelsäule zurückführt und diesbezüglich eine Diagnose bereits ein Jahr zuvor so gestellt wurde und internistisch abgeklärt wurde. Der Arzt, welcher davon ausging, dass die Diagnose nicht so lange zurückläge, entließ den Patienten aus dem Krankenhaus, der Zuhause infolge eines Herzinfarkts verstarb.

Das Gericht entschied, dass der behandelnde Arzt den Patienten nicht ausreichend sorgfältig und umfassend befragt hat. Dabei hätte eine umfassende medizinische Befragung des Patienten abklären müssen, wann die Schmerzen am Untersuchungstag erstmals auftraten und wie sie sich im Einzelnen entwickelt haben. Dabei lastete das Gericht dem behandelnden Arzt einen schweren Befunderhebungsmangel an, weil dieser die Leitsymptome eines Herzinfarkts eines 36 Jährigen unzutreffend als orthopädische Erkrankung diagnostizierte und eine internistische und kardiologische Sachaufklärung vermissen ließ.

Auch ein schwerer Befunderhebungsfehler führt zur Umkehr der Beweislast.

Bei der Geltendmachung mehrerer Ansprüche darf ein Grundurteil nur ergehen, wenn für jeden Anspruch hinreichende Anhaltspunkte gegeben sind.
 
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil OLG Koblenz 5 U/ 857 11 vom 30.01.2012
Normen: BGB §§ 253, 276, 823, 845
[bns]